In Düsseldorf gelandet

95-jähriger KZ-Wächter aus USA abgeschoben

Nach jahrelangen erfolglosen Versuchen haben die Vereinigten Staaten den Nazi-Kollaborateur Jakiw Palij (95) letzte Woche nach Deutschland abgeschoben. Jahrelang hatte sich Berlin geweigert, den früheren Wächter eines Konzentrationslagers aufzunehmen.
Jakiw Palij

Vergangene Woche landete eine US-Militärmaschine in Düsseldorf. An Bord: Jakiw Palij. Dieser wurde direkt in ein Alterspflegeheim im Münsterland gebracht. Sein Schicksal ist noch unbekannt, deutsche Staatsanwälte sagten, dass es womöglich nicht genügend Beweise gibt, um den 95-Jährigen wegen Kriegsverbrechen anzuklagen.

Bereits seit 2004 liegt seitens der US-Behörden ein Abschiebungsbefehl für Palij vor, einen ehemaligen SS-Wächter im Zwangsarbeitslager Trawniki, das auf besetztem polnischem Gebiet lag und Teil der «Operation Reinhard» war. Zwischen Oktober 1941 und November 1943 ermordeten die Nazis bis zu zwei Millionen polnische Juden; Trawniki war Teil dieser systematischen Morde. Am 3. November 1943 erschossen die Nazis etwa 6000 jüdische Häftlinge, fast alle Insassen des Lagers.

«Kein Haftbefehl»

Berlin verweigerte lange Zeit die Einreise, weil Palij kein Staatsbürger sei (der in der Ukraine geborene Palij besass zur Zeit des Zweiten Weltkries den polnischen Pass – diese beiden Nationen wollten ihn jedoch nicht aufnehmen). Ausserdem existiere kein Haftbefehl wegen Mordes. Das neue Kabinett setze damit ein «klares Zeichen für die moralische Verantwortung Deutschlands», sagt das Auswärtige Amt.

«Um das Versprechen der Freiheit für Holocaust-Überlebende und ihre Familien zu schützen, hat Präsident Trump der Entfernung von Palij Priorität eingeräumt», liess das Weisse Haus verlauten. «Präsident Trump und sein Team haben Palijs Abschiebung nach Deutschland gesichert und die Zusammenarbeit der Vereinigten Staaten mit einem wichtigen europäischen Verbündeten vorangetrieben.»

Das Geständnis

Anno 2001 gestand Palij den Beamten des US-Justizministeriums, dass er ein Wächter in Trawniki war. Zwei Jahre später widerrief ein Bundesrichter Palijs US-Staatsbürgerschaft. 1949 hatte er sich in die USA abgesetzt, indem er sich in ein Lager für NS-Verfolgte einschlich (!); acht Jahre später erhielt er die US-Staatsbürgerschaft. Er verheimlichte seine Tätigkeit in der SS und behauptete, er habe auf einem Bauernhof und in einer Fabrik gearbeitet.

Dass Palij verurteilt wird, dürfte unwahrscheinlich sein. Sein Gesundheitszustand ist schlecht und es existieren weder Dienstausweis noch Personalakte, die seine Aussage widerlegt: Palij gibt an, man habe ihn zum Dienst gezwungen.

Zum Thema:
Auschwitz und Nordkorea: Diesmal kann niemand sagen, er hätte es nicht gewusst

Corrie Ten Boom: Da bat der KZ-Wärter um Vergebung

Jane starb in Auschwitz«Sie brauchen mich nicht nur im Sonnenschein»

Datum: 27.08.2018
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch/BCN/JNS/NZZ/Die Welt

Werbung
Livenet Service
Werbung